Richter argumentieren mit Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot
Wer in Teilzeit arbeitet, darf bei einem Anspruch auf Überstundenzuschläge nicht gegenüber den in Vollzeit tätigen Kollegen benachteiligt werden. So lautet der Tenor der Richter des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in ihrem Urteil vom 05. Dezember 2024 (Az. 8 AZR 370/20). Für die Klärung des konkreten Falls wurde sogar der Europäische Gerichtshof (EuGH) um Rat gefragt.
Mehrarbeitsausgleich mit zweierlei Maß gemessen
Hintergrund des Urteils ist die Klage einer Teilzeit-Pflegekraft eines ambulanten Dialyseanbieters in Hessen mit mehr als 5.000 Arbeitnehmern. Die Frau fühlte sich von ihrem Arbeitgeber ungerecht behandelt, da dieser in seinem Tarifvertrag einen Überstundenzuschlag für die Mitarbeiter in Höhe von 30 Prozent vorsah. Teilzeitkräfte jedoch sollten erst davon profitieren, wenn sie die gleiche Stundenzahl wie ihre in Vollzeit beschäftigten Kollegen geleistet hatten.
Chauvinistische Arbeitgebergebärden
Die Klägerin erhielt demnach trotz 129 Überstunden weder einen finanziellen Zuschlag noch die zusätzlich erbrachte Arbeitszeit gutgeschrieben. Für die Pflegerin ein Unding. Da im Unternehmen vorwiegend Frauen in Teilzeit angestellt waren, empfand sie die Regelung als doppelte Diskriminierung. Demzufolge forderte sie eine Gutschrift auf ihrem Arbeitszeitkonto sowie eine Entschädigungszahlung gemäß § 15 Abs. 2 des Allgemeines Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).
Urteils-Support vom EuGH
Doch das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Nachdem die Klägerin Berufung eingelegt hatte, wurde ihr in nächster Instanz vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen zumindest die Gutschrift der Stunden auf das Arbeitszeitkonto zugesprochen. Hinsichtlich der begehrten Entschädigung bestätigte das LAG jedoch die Klageabweisung.
Damit nicht einverstanden, zog die Klägerin vor das Bundesarbeitsgericht, das dafür den Europäischen Gerichtshof zur Entscheidungsfindung anfragte und das Revisionsverfahren bis zu dessen Entscheidung aussetzte.
BAG gibt grünes Licht
Mit ihrer Revision vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts war die Klägerin schließlich teilweise erfolgreich. So würde laut BAG die unterschiedliche Handhabung des Betriebs in Bezug auf die Überstundenzuschläge gegen das Diskriminierungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes verstoßen:
„Eine tarifvertragliche Regelung, die unabhängig von der individuellen Arbeitszeit für Überstundenzuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten voraussetzt, behandelt teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer wegen der Teilzeit schlechter als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte. Sie verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter (§ 4 Abs. 1 TzBfG).“
Sachliche Gründe, die dem im Einzelfall entgegenstehen können, würden hier nicht vorliegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wäre zudem besonders stark verletzt worden sein, da unter den Teilzeitangestellten mehr Frauen als Männer vertreten waren.
Entschädigung mit abschreckender Wirkung
Auch wenn die Klägerin nicht die geforderte Entschädigungssumme von rund 4.500 Euro erhielt, wurde ihr ein Ausgleich in Höhe von 250 Euro und eine entsprechende Zeitgutschrift auf ihr Arbeitszeitkonto zugesprochen.
Den niedriger angesetzten Entschädigungsbetrag begründeten die Richter so. „Dieser ist erforderlich, aber auch ausreichend, um einerseits den der Klägerin durch die mittelbare Geschlechtsbenachteiligung entstandenen immateriellen Schaden auszugleichen und andererseits gegenüber dem Beklagten die gebotene abschreckende Wirkung zu entfalten.“
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Quelle: bundesarbeitsgericht.de