Tätliche Angriffe wie Stoßen und Treten gegen Vorgesetzte können eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung rechtfertigen. Zu diesem Urteil kamen auch die Richter des LAG Niedersachsen (Urt. v. 25.08.2025: Az.: 15 SLa 315/25).
Das Wichtigste in Kürze:
- Pflichtverletzung: Stoß und Tritt gegen den Gruppenleiter wertete das Gericht als schwerwiegende Pflichtverletzung. Die Missachtung der Autorität sei für den Arbeitgeber unzumutbar.
- Abmahnung: Entbehrlich bei tätlichen Angriffen, wenn die Umstände die Schwelle zur fristlosen Kündigung überschreiten.
- Beweis: Videoaufnahmen zeigten kein provozierendes Verhalten des Vorgesetzten.
- Kündigung/Betriebsrat: Kündigung außerordentlich, hilfsweise fristgerecht, nach Zustimmung des Betriebsrats.

Urteil bestätigt fristlose Kündigung ohne Abmahnung
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (LAG) sah in dem Verhalten des Arbeitnehmers eine erhebliche Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten. Die körperliche Einwirkung gegen den Vorgesetzten habe die Grenze des Hinnehmbaren überschritten. Eine vorherige Abmahnung wäre nicht erforderlich gewesen, weil das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört gewesen sei.
Was konkret vorgefallen war
Der Beschäftigte war als Be- und Entlader in der Logistik des Unternehmens angestellt. Als er während der Arbeitszeit mit dem Handy telefonierte, näherte sich der Gruppenleiter, um zu klären, ob es sich um ein Privatgespräch handeln würde. Darauf reagierte der Arbeitnehmer mit „Hau ab!“, stieß den Vorgesetzten an der Schulter und machte eine Trittbewegung in dessen Richtung, die ihn leicht berührte.
Anschließend setzte der Mitarbeiter sein Telefongespräch einfach fort. Der Arbeitgeber kündigte ihm daraufhin außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich. Der Betriebsrat stimmte der Entlassung zu.
Warum es keiner Abmahnung bedurfte
Bei Tätlichkeiten gegenüber Vorgesetzten oder Kollegen kann eine Abmahnung entbehrlich sein. Der in diesem Fall ausgeführte Stoß und die Trittbewegung drückten eine deutliche Missachtung aus und gefährdeten somit den Betriebsfrieden.
„Die Tätlichkeit gegenüber einem Vorgesetzten kann eine außerordentliche Kündigung auch dann rechtfertigen, wenn sie nicht mit erheblicher Gewaltanwendung erfolgt“, so das Gericht. Für den Arbeitgeber wäre es gemäß § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unzumutbar, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.
Rolle der Videoaufnahmen
Die Richter stützten sich bei ihrer Urteilsfindung unter anderem auf die vorliegenden Videoaufnahmen. Diese belegten, dass der Vorgesetzte weder provoziert hatte noch seinem Angestellten unangemessen nahegekommen war. Der Blick auf dessen Handy diente lediglich der legitimen Feststellung, ob ein privates Gerät genutzt wurde. Da es sich also nicht um eine Abwehrmaßnahme in Folge einer Provokation gehandelt hatte, entfällt ein möglicher Rechtfertigungsansatz für den Stoß.
Einordnung für Betriebe und Beschäftigte
Tätliche Übergriffe wie Schubsen, Treten oder Schlagen sind regelmäßig geeignet, eine fristlose Kündigung zu tragen. Maßgeblich sind Intensität, Anlass, Vorgeschichte und Beweise wie Zeugen oder Videoaufnahmen. Arbeitgeber sollten Vorfälle dokumentieren und den Betriebsrat beteiligen. Beschäftigte sollten Eskalationen vermeiden und Konflikte melden, statt körperlich zu reagieren.
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Stand: 27.10.2025
Quellen: LAG Niedersachsen (Urteil vom 25.08.2025, Az.: 15 SLa 315/25), § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

