Welche arbeitsrechtlichen Dokumente die analoge Form erfordern
In digitalen Zeiten sollte eine Kündigung per E-Mail eigentlich möglich sein. Bei Verträgen mit Dienstleistern wie Stromversorgern oder Telefonunternehmen ist das mittlerweile auch der Fall. Doch wie verhält es sich bei Übereinkünften zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – hat die digitale Unterschrift unter einem Arbeitsvertrag oder einer Kündigung rechtliche Verbindlichkeit? Hier erfahren Sie mehr.
Richtlinien laut BGB und Gewerbeordnung
Grundsätzlich gilt gemäß § 125 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): „Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig (…)“ Gleichzeitig können „Arbeitgeber und Arbeitnehmer [sic] Abschluss, Inhalt und Form des Arbeitsvertrages frei vereinbaren, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften, Bestimmungen eines anwendbaren Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung entgegenstehen“, wie es in § 105 der Gewerbeordnung (GewO) heißt.
Wann es keiner händischen Unterschrift bedarf
Gemäß der sich daraus ergebenden Formfreiheit ist ein unbefristeter Arbeitsvertrag auch mit digitaler Unterschrift gültig. Der Vertrag muss also nicht auf postalischem Weg von den beiden Vertragsparteien hin- und hergeschickt werden, sondern kann auch per E-Mail, Fax und sogar als SMS oder über WhatsApp die Runde machen, wobei letztere Varianten nicht unbedingt zu empfehlen sind.
Auch eine mündliche Übereinkunft ist bei einer unbefristeten Anstellung denkbar. In diesem Fall aber muss der Arbeitgeber nach § 2 des Nachweisgesetzes (NachwG) die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich in Form eines Bestätigungsschreibens oder sonstigen Briefes niederlegen, unterschreiben und dem Arbeitnehmer aushändigen.
Dennoch müssen dem Beschäftigten die einzelnen Bedingungen je nach Dringlichkeit bereits am ersten Tag der Arbeitsleistung oder spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich vorliegen. Zu den elementaren Punkten gehören:
- Name und Anschrift der Vertragsparteien
- Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
- Beginn der Tätigkeit
- Arbeitsort
- Arbeitszeit
- Dauer der Probezeit
- Vergütung
- Kündigungsfristen
- Urlaubsdauer
- Geheimhaltungspflichten
- Auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen
Die qualifizierte elektronische Signatur und ihre Tücken
Anders sieht die Sache bei befristeten Arbeitsverträgen und nachvertraglichen Wettbewerbsverboten für den Angestellten aus. Diese Dokumente müssen zur rechtlichen Absicherung beider Parteien von Hand unterschrieben werden.
Eine Ausnahme bildet laut § 126a Abs. 1 BGB die sogenannte qualifizierte elektronische Signatur (QES). Diese unterliegt strengen Anforderungen wie eine elektronische Verschlüsselung und ein digitales Zertifikat, das man nur bei spezialisierten Anbietern erhalten kann.
Insbesondere bei befristeten Verträgen jedoch scheiden sich hinsichtlich der Frage nach der Anwendbarkeit einer qualifizierten elektronischen Signatur die juristischen Geister. So wurde diesbezüglich in Deutschland noch keine höchstrichterliche Entscheidung getroffen, was im Einzelfall dazu führen kann, dass der Befristung im Nachhinein widersprochen wird.
Bislang sorgte vor allem eine Entscheidung des Arbeitsgerichts (ArbG) Berlin vom 28. September 2021 (Az. 36 Ca 15296/20) für Aufsehen. Hier hatte ein Beschäftigter erfolgreich gegen die Gültigkeit der Befristung und der damit einhergehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses geklagt.
Begründet wurde die Entscheidung pro Kläger damit, dass die im Arbeitsvertrag verwendete qualifizierte elektronische Signatur eben nicht mithilfe eines zertifizierten Systems erstellt wurde. Demzufolge wäre die vertraglich vereinbarte Befristung mangels Einhaltung der erforderlichen Schriftform unwirksam.
Die Kündigung als analoger Akt
Für eine Kündigung gilt gemäß § 623 BGB: „Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.“ Demzufolge ist eine qualifizierte elektronische Signatur nicht ausreichend, womit das Kündigungsschreiben von Sender und Empfänger auf dem Originaldokument mit eigenhändiger Unterschrift unterzeichnet werden muss. Alle digitalen Kommunikationswege wie E-Mail oder WhatsApp-Nachricht sind entsprechend tabu.
Das bestätigt auch ein Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) München vom 28. Oktober 2021 (Az. 3 SA 362/21). In dem Fall zog ein Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber vor Gericht, der ihm aufgrund von Trunkenheit am Arbeitsplatz gekündigt hatte. Doch im Zuge der Kündigung war dem Unternehmen ein folgenschwerer Formfehler unterlaufen.
Weil dem Arbeitgeber die genaue Anschrift des betroffenen Mitarbeiters nach eigener Aussage nicht bekannt gewesen war, schickte er ein Foto der schriftlichen Kündigung per WhatsApp an den Empfänger. Diese Art der Übermittlung des Kündigungsschreibens genügte aus Sicht der Richter nicht, um der Schriftformerfordernis ausreichend nachzukommen. So würde ein Foto lediglich die Ablichtung der Originalunterschrift des Arbeitgebers darstellen und wäre damit nicht rechtlich bindend.
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