Verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung auch bei Diebstahl nicht immer möglich

Landesarbeitsgericht Hessen entscheidet pro Arbeitnehmer bei Diebstahl am Arbeitsplatz

Im Falle einer verhaltensbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber seinen Angestellten in der Regel vorher abmahnen, damit dieser sein Verhalten überdenken kann. Nur bei besonders schwerwiegendem Fehlverhalten – und wenn keine Besserung im Verhalten des Arbeitnehmers zu erwarten ist – ist eine Abmahnung obsolet. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen hat in einem Fall von Diebstahl (Az.:10 Sa 778/22) nun zugunsten des betroffenen Angestellten entschieden.

Mann stiehlt auf Arbeit und erhält eine verhaltensbedingte Kündigung.
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Was im Detail vorgefallen war

Der Assistent der Schulleitung eines Unternehmens, das Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im medizinischen Bereich anbietet, entwendete am 17. September 2021 nach einer Examensfeier mit anschließendem Grillfest zwei übriggebliebene Packungen Grillgut im Wert von jeweils ca. 20 bis 25 Euro.

Nachdem der Arbeitgeber seinen Angestellten auf die Entwendung angesprochen hatte, legte dieser das Grillgut wieder in den Gefrierschrank des Unternehmens. Dennoch wurde ihm am 30. September 2021 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. Oktober 2021 gekündigt. Daraufhin erhob der Mann eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht (AG) Frankfurt am Main.

AG Frankfurt auf Seiten des Arbeitnehmers

Das Arbeitsgericht entschied im Sinne des Klägers, da ein schädigender Wille im Hinblick auf die Entwendung des Grillguts nicht angenommen werden könne. So wäre der Betroffene nicht heimlich vorgegangen, sondern habe sich zuvor mit seinen Kollegen abgesprochen. Das Unternehmen hätte ihm im Zuge der Kündigung zumindest vorab eine Abmahnung zukommen lassen müssen. Der Arbeitgeber legte in der Folge Berufung beim LAG Hessen ein.

Auch LAG sieht Versäumnisse beim Arbeitgeber

Dessen Richter stimmten zwar grundsätzlich mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) überein, dass Vergehen am Arbeitsplatz wie Diebstahl und Unterschlagung ein wichtiger Grund für eine außerordentliche, fristlose Kündigung, ohne vorherige Abmahnung darstellen können, da diese die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers erheblich tangieren würden. Das beträfe auch die Entwendung von Gegenständen mit einem vergleichsweise geringen Geldwert wie Lebensmittel.

Dennoch müsse laut LAG eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall angestellt werden. In der hier vorliegenden konkreten Situation verwiesen die Richter auf den fehlenden Hinweis der Arbeitgeber in Bezug auf den Umgang mit den übriggebliebenen Lebensmitteln der Betriebsfeier.

Der erste Leitsatz der Entscheidung des LAG Hessen lautet demnach: „Eine Abmahnung ist bei einer verhaltensbedingten außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB nicht entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer bei einer unklaren Weisungslage annehmen durfte, es sei gestattet, bei einer Firmenfeier übrig gebliebene Lebensmittel mit nach Hause zu nehmen.“

Auch persönliche Umstände eines Arbeitnehmers, wie, dass der Betroffene derzeit „ein Adoptionsverfahren betreibt, bei dem im Interesse des Kindeswohls auch die sozialen Verhältnisse der Adoptiveltern eine Rolle spielen“, müssten bei der Interessenabwägung miteinfließen.

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Quelle: rv.hessenrecht.hessen.de

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