Urteil des Europäischen Gerichtshofs
Bisher konnten auch Menschen mit einer Behinderung in der Probezeit ohne Weiteres gekündigt werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied nun, dass Arbeitnehmer, die wegen einer Behinderung ihre Arbeit nicht mehr ausführen können, nicht so einfach entlassen werden dürfen. Arbeitnehmer müssen zuerst prüfen, ob die Möglichkeit für eine andere Beschäftigung besteht (Az. C-485/20 HR Rail).
Der Fall
Die belgische Eisenbahn HR Rail stellte einen Facharbeiter für die Wartung und Instandhaltung der Schienenwege ein. Noch während der Probezeit wurde bei dem Mann ein Herzproblem diagnostiziert und ein Herzschrittmacher eingesetzt. Das Gerät reagiert sensibel auf elektromagnetische Felder unter anderem in Gleisanlagen. Aus diesem Grund erhielt der Arbeitnehmer einen Behindertenstatus. Zudem konnte er nach einer Beurteilung der medizinischen Eignung seine Tätigkeit nicht mehr ausführen. Er wurde daraufhin zunächst als Lagerist eingesetzt. Allerdings wurde er noch während der Probezeit entlassen.
Der Mann klagte vor dem Arbeitsgericht in Belgien aufgrund von Diskriminierung. Die europäische Gleichbehandlungsrichtlinie 2000/78 für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf verlange, dass angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung getroffen werden. Das belgische Arbeitsgericht legte den Fall aufgrund der Richtlinie dem Europäischen Gerichtshof vor.
Urteil des EuGH
Der Europäische Gerichtshof stellte in seinem Urteil fest, dass der Begriff „angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung“ impliziere, dass ein Arbeitnehmer, der aufgrund seiner Behinderung für ungeeignet erklärt wurde, auf eine andere Stelle zusetzen sei. Für diese müsse er die notwendige Kompetenz, Fähigkeit und Verfügbarkeit aufweisen. Dies gelte auch in der Probezeit. Der Arbeitgeber darf durch diese Maßnahmen allerdings nicht unverhältnismäßig belastet werden.
Um zu prüfen, ob eine übermäßige Belastung die Konsequenz wäre, seien die Kriterien wie der finanzielle Aufwand, die Größe, die finanziellen Ressourcen sowie der Gesamtumsatz des Unternehmens zu prüfen. Auch die Verfügbarkeit von öffentlichen Mitteln oder anderen Unterstützungsmöglichkeiten müssten berücksichtigt werden.
Weiterhin sei vorausgesetzt, dass es im Unternehmen eine freie Arbeitsstelle für den Arbeitnehmer gäbe.
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Quellen: Pressemitteilung Nr. 26/22 des Gerichtshofs der Europäischen Union, Az. C-485/20 HR Rail | haufe.de | lto.de