Nach Videoüberwachung: LAG verurteilt Arbeitgeber zur Zahlung von 15.000 Euro

Arbeitsatmosphäre wie im Überwachungsstaat

Nachdem ein Stahlverarbeitungsbetrieb seine Angestellten fast zwei Jahre lang am Arbeitsplatz gefilmt hat, wird der Arbeitgeber nun zur Kasse gebeten. So sprach das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm am 28. Mai 2025 zumindest einem Mitarbeiter wegen des schwerwiegenden Verstoßes gegen das Persönlichkeitsrecht eine Entschädigung in Höhe von 15.000 Euro zu (LAG Hamm, Az. 18 SLa 959/24).

Eine Kamera filmt Mitarbeiter der Firma.
Vasin Lee / shutterstock.com

Kontrollwahn mit 34 HD-Kameras

Mit nicht weniger als 34 HD-Kameras nahm das Unternehmen den Arbeitsalltag seiner Mitarbeiter rund um die Uhr ins Visier. Die Big-Brother-Aktion wollte sich ein Mitarbeiter jedoch nicht gefallen lassen und legte daher ausdrücklich Widerspruch ein. Da die Firma ihre Überwachung in der Folge nicht einstellte, ging der Beschäftigte vor Gericht. Nachdem ihm durch das Arbeitsgericht (ArbG) Dortmund die Entschädigungssumme von 15.000 Euro zugesprochen wurde, legte der Arbeitgeber Berufung ein. Doch auch das nächstinstanzliche LAG Hamm gab dem Arbeitnehmer Recht.

Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht

Die Richter begründeten ihr Urteil mit einem Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters. So habe es keine wirksame rechtliche Grundlage für die umfassende Videoüberwachung gegeben. Diese wäre nur bei berechtigtem Interesse des Arbeitgebers denkbar, um zum Beispiel potenzielle Diebstähle zu dokumentieren oder die Arbeitssicherheit zu gewährleisten.

Doch in diesem Fall hätten keine spezifischen Gründe vorgelegen. Anstelle von flächendeckender Videoüberwachung müsse ein Arbeitgeber dann mit gezielten Maßnahmen operieren. Eine Videoüberwachung der Ein- und Ausgänge oder von besonders risikobehafteten Bereichen wäre daher völlig ausreichend gewesen.

Pauschale Einwilligung unwirksam

Zwar mussten die Beschäftigten vor Arbeitsantritt eine pauschale Einwilligung zur Videoüberwachung unterzeichnen. Doch diese wäre laut Urteilsspruch nicht wirksam, da die Zustimmung nicht auf Freiwilligkeit beruht hätte. Eine solche pauschale Zustimmung eines Mitarbeiters zur Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten widerspräche den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Zudem habe der Kläger der Überwachung mittels Kameraaufnahmen schließlich doch widersprochen.

Permanenter Überwachungsdruck

Darüber hinaus verwiesen die Richter des LAG darauf, dass die Dauer und Intensität der Überwachung als besonders schwerer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zu bewerten sei. So wäre der Mitarbeiter von den Kameras über Monate hinweg auf Tritt und Schritt verfolgt worden – laut Aussage des Klägers sogar bei alltäglichen Handlungen wie dem Gang zum Pausenraum oder zur Toilette.

Zusammen mit den technischen Möglichkeiten der HD-Kameras mit Zoom-Option wäre daraus für den Arbeitnehmer ein extremer psychischer Druck entstanden. Von einer freien Entfaltung der Persönlichkeit könne in einem derart kontrollierten Arbeitsumfeld nicht mehr die Rede sein.

Entschädigung mit Vorbildcharakter

Für das LAG Hamm dient die Entschädigung dazu, den immateriellen Schaden des betroffenen Arbeitnehmers zu kompensieren. Dass die Summe im Vergleich zu ähnlichen Urteilen mit 15.000 Euro deutlich höher ist, begründeten die Richter mit der Dauer und der Intensität der zugrundeliegenden Videoüberwachung.

Außerdem, so das Gericht, solle die Entschädigung auch ein Weckruf für andere Arbeitgeber sein. Getreu dem Motto: Wer die Rechte seiner Mitarbeiter in Sachen Datenschutz nicht respektiert, muss mit entsprechenden Sanktionen rechnen.

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Quelle: wbs.legal

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