Darf ein Arbeitgeber Bewerbungskandidaten nach dem Äußeren beurteilen?
Jobabsage mit medialem Zündstoff: In den USA wurde eine Bewerberin trotz passender Qualifikation abgelehnt, weil sie sich in den Augen der Recruiterin nicht ausreichend um ihr Äußeres gekümmert hatte. Auf TikTok machte die junge Frau aus New York namens Melissa in der Folge ihrem Ärger Luft. Der Vorfall wirft die Frage auf, ob Arbeitgeber Bewerbern aufgrund von Äußerlichkeiten eine Jobabsage erteilen dürfen.
Schönheitsideal als Job-Kriterium
„Das Vorstellungsgespräch lief so gut, auf jede Frage hatte ich eine tolle Antwort. Ich habe früher selbst im Recruitment gearbeitet, ich weiß, wie man Vorstellungsgespräche führt“, stellt Melissa in ihrem Video auf TikTok klar. Als sie dann jedoch eine Absage für die nächste Bewerberrunde erhielt, hakte sie per Mail nach, was der ausschlaggebende Grund dafür gewesen wäre.
Die verblüffende Begründung der Personalerin lautete, dass es nicht an fachlichen Voraussetzungen gefehlt hätte, sondern an einer ansprechenderen Optik der Bewerberin. Diese hätte für das Vorstellungsgespräch nicht genügend Mühe in ihr Aussehen investiert, was angesichts der zu besetzenden Position zu ihrem Nachteil ausgelegt wurde.
Heftige Resonanzen der TikTok-Community
„Ich habe mir meine Haare geföhnt, einen schönen Blazer und Ohrringe getragen. Aber ich habe nur einen Lippenbalsam verwendet, jedoch kein Make-up, weil ich grundsätzlich fast nie Make-up verwende. Das mache ich einfach nicht“, ließ Melissa ihre Follower im Internet wissen.
Zugleich stellte sie die Frage, ob ein vermeintlich nicht perfektes Styling der Bewerberin vom Arbeitgeber so interpretiert werden dürfte, dass nicht ausreichend Interesse an der ausgeschriebenen Stelle vorhanden wäre. Die zahlreichen Antworten unter dem rund 800.000 Mal aufgerufen Video gaben in erster Linie die Empörung der User preis. Darunter die Frage nach der Legalität einer solchen Vorgehensweise der Recruiterin sowie die Anmerkung, dass sich Männer nie einer Bewertung ihrer Äußerlichkeit aussetzen lassen müssten.
Personalerfragen auf dem Index
Wie aber verhält sich ein solcher Fall, wenn er sich in Deutschland zutragen würde? Vor dem Hintergrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) sind Fragen von Personalern nach der Nationalität, der ethnischen Herkunft, dem Geschlecht, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, dem Alter oder der sexuellen Identität tabu. Auch darf es keine Rolle spielen, ob eine Frau zum Zeitpunkt der Bewerbung schwanger ist.
Wird ein Bewerber aufgrund einer dieser Merkmale benachteiligt, kann er gemäß § 15 AGG Entschädigung fordern: „Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.“
Wann das Aussehen relevant sein darf
Was das Erscheinungsbild des Bewerbers betrifft, können Personaler jedoch die Reißleine ziehen, wenn es um die Einschätzung der Eignung des Kandidaten geht. So sind zum Beispiel Tätowierungen oder Piercings ein zulässiger Ablehnungsgrund. Insbesondere, wenn die vakante Position im Unternehmen mit Kundenkontakt einhergeht. Ob der Verzicht auf Make-up dazu zählt, ist zumindest fraglich, müsste im Zuge einer Beschwerde sicherlich im Einzelfall unter die Lupe genommen werden.
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Quelle: msn.com