Sozialauswahl

Alles rund um die Sozialauswahl

Schließt ein Unternehmen einen Standort oder will aus anderen Gründen Stellen abbauen, sind oftmals betriebsbedingte Kündigungen die Konsequenz. In diesem Fall bekommt die Sozialauswahl eine große Bedeutung. Sie muss immer dann durchgeführt werden, wenn die betroffenen Arbeitnehmer unter das Kündigungsschutzgesetz fallen, der Arbeitgeber eine oder mehrere Kündigungen aus betrieblichen Gründen aussprechen möchte und es mehrere Arbeitnehmer gibt, die für eine Kündigung infrage kommen. In allen diesen Fällen muss der Arbeitgeber die soziale Schutzbedürftigkeit der zu kündigenden Arbeitnehmer berücksichtigen. Ist die Sozialauswahl gar nicht oder falsch durchgeführt worden, ist die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt und nach § 1 (KSchG) unwirksam.

bild sozialauswahl

Wann ist eine Kündigung sozialverträglich?

Kommt es zu einer betriebsbedingten Kündigung, muss der Arbeitgeber anhand von Kriterien gemäß § 1 Abs.3 Satz 1 KSchG entscheiden, welche Mitarbeiter gehen müssen. Dabei sind folgende Merkmale zu beachten:

  • Die Dauer der Betriebszugehörigkeit,
  • Das Lebensalter,
  • Unterhaltspflichten,
  • sowie eine Schwerbehinderung des Arbeitnehmers.

Da der Gesetzgeber keinem der Kriterien eine größere Bedeutung zugewiesen hat, kann der Arbeitgeber diesen eine unterschiedliche Gewichtung geben. Ihm steht ein Wertungsspielraum zu. Der Arbeitgeber hat beispielsweise die Möglichkeit dies mit einem Punktesystem zu tun. Mit diesem kann er eine Rangfolge von Arbeitnehmern bestimmten, die für eine Kündigung in Frage kommen. Das Punktesystem darf vom Arbeitgeber aber nur angewendet werden, wenn weder der Tarifvertrag noch eine Betriebsvereinbarung andere Regelungen enthalten.

Wichtig zu wissen ist, dass dies nur für Mitarbeiter gilt, die unter dem allgemeinen Kündigungsschutz stehen. In dessen Geltungsbereich fallen Arbeitnehmer, die in einem Betrieb mit mehr als zehn Mitarbeitern länger als sechs Monate angestellt sind.

Interessante Fälle zur Gewichtung der Kriterien

Auch wenn es bei der Gewichtung der vier Kriterien keine gesetzlichen Vorgaben gibt, hat das Landesarbeitsgericht Köln in einem Urteil (Az.: 4 Sa 1122/10 ) entschieden, dass das Alter bedeutender sein kann als die Unterhaltspflichten. In dem Fall ging es um eine Firma, die zwei Abteilungen zusammenlegte. Die Konsequenz war, dass es eine Führungsposition zu viel gab. Beide Mitarbeiter waren die gleiche Zeit im Unternehmen beschäftigt. Der eine Mitarbeiter war 35 Jahre alt, verheiratet und hatte zwei Kinder. Der andere Mitarbeiter war 53 Jahre alt und kinderlos. Der Arbeitgeber entließ den älteren Mann, der aber vor Gericht klage und das erfolgreich. Da die Richter die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für den älteren Mitarbeiter als geringer ansahen. Daraus ist allerdings nicht abzuleiten, dass ältere Mitarbeiter grundsätzlich ein Vorteil haben.

In einem anderen Fall urteile das Bundesarbeitsgericht (2 AZR 164/14), dass bei einer Sozialauswahl eine um drei Jahre längere Betriebszugehörigkeit nicht ausreicht, um drei Unterhaltspflichten eines anderen Mitarbeiters auszugleichen, da auch dieser eine Betriebszugehörigkeit von sechs Jahren aufzuweisen konnte. Beim Thema Sozialauswahl muss immer der Einzelfall betrachtet werden. Sinnvoll ist es auch sich in solchen Fällen juristischen Beistand zu suchen.

Vergleichbarkeit bei der Sozialauswahl

In die Sozialauswahl sind nur Arbeitnehmer einzubeziehen, die miteinander vergleichbar sind. Das entspricht der sogenannten horizontalen Vergleichbarkeit. So können Arbeitgeber die Mitarbeiter in Vergleichsgruppen einteilen. Gestaltet der Arbeitgeber die Sozialauswahl nach einem Punktesystem, sind die Angestellten mit den höchsten Punkten besonders schützenswert und bleiben im Unternehmen.

Auch wenn Arbeitnehmer bisher in verschiedenen Bereichen eingesetzt worden sind, kann es sein, dass sie dennoch vergleichbar sind, weil die Fähigkeit besteht, eine bestimmte Tätigkeit auszuüben. Besondere Kenntnisse und Spezialisierungen können Arbeitnehmer bei der Sozialauswahl also zugutekommen.

Von der Organisation des Betriebs abhängig ist, ob bei einer Kündigung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer Vollzeitangestellte einbezogen werden müssen und umgekehrt (BAG, Urteil v. 3.12.1998, 2 AZR 341/98). Kommt es jedoch nur darauf an das Volumen der Stunden abzubauen, ohne dass eine Organisationsentscheidung vorliegt, sind alle Arbeitnehmer einzubeziehen (BAG, Urteil v. 12.8.1999, 2 AZR 12/99).

Nach einer getroffenen Sozialauswahl haben Arbeitnehmer das Recht vom Arbeitgeber zu verlangen, dass dieser ihm die Gründe und Auswahlkriterien mitteilt, die zur der bestehenden Sozialauswahl geführt haben.

Sonderkündigungsschutz und Sozialauswahl

Arbeitnehmer, die unter einem besonderen Kündigungsschutz stehen, nehmen in der Regel nicht an der Sozialauswahl teil. Gekündigt werden können diese Gruppen nur, wenn die zuständige Behörde ihre Erlaubnis gibt. Zu diesen Arbeitnehmern gehören:

  • Schwangere,
  • Schwerbehinderte,
  • Betriebsräte,
  • Angestellte in Elternzeit,
  • Und Mitarbeiter, die tariflich unkündbar sind.

Sozialauswahl: Unternehmen & Betrieben

Grundsätzlich muss man unterscheiden zwischen einer Betriebsstätte und einem Unternehmen. Ein Unternehmen kann mehrere Betriebe an verschiedenen Standorten haben. Findet eine Sozialauswahl statt, betrifft dies nur den betroffenen Betrieb. Wird ein Unternehmen nur an einem Ort betrieben, fallen Unternehmen und Betrieb zusammen und die Sozialauswahl findet nur an diesem Ort statt.

Fehler bei der Sozialauswahl

Fehler in der Sozialauswahl können dazu führen, dass eine Kündigung vor Gericht keinen Bestand hat.

So hatte zum Beispiel das Arbeitsgericht Saarbrücken Kündigungen der Firma Anton Schlecker e.K. für unwirksam erklärt. Die Klägerinnen waren im März 2012 vom Insolvenzverwalter gekündigt worden. Das Arbeitsgericht befand die Kündigung jedoch als sozial ungerechtfertigt. Diese ergab sich zum einen aus einer fehlerhaften Bestimmung des zur Vergleichbarkeit herangezogenen Gruppe von Arbeitnehmern. Und zum anderen hätte es keine gemeinsame Sozialauswahl von Mitarbeitern der Schlecker E.K und der Schlecker XL GmbH geben dürfen.

Ist eine Kündigung im Gerichtsverfahren für ungültig erklärt worden, trifft das nicht automatisch für alle weiteren Kündigungen zu.

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Häufige Fragen

Wie funktioniert das mit der Sozialauswahl?

Soll es zu einer betriebsbedingten Kündigung kommen, muss der Arbeitgeber anhand von Kriterien gemäß § 1 Abs.3 Satz 1 KSchG entscheiden, welche Mitarbeiter gehen müssen. Dabei sind folgende Merkmale zu beachten: die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, Unterhaltspflichten sowie eine Schwerbehinderung des Arbeitnehmers.

Wann muss eine Sozialauswahl vorgenommen werden?

Eine Sozialauswahl muss immer dann erfolgen, wenn es in einem Unternehmen zu betriebsbedingten Kündigungen kommt.

Welche Kriterien müssen bei der Sozialauswahl geprüft werden?

Nach § 1 Abs.3 Satz 1 KSchG müssen folgende Kriterien geprüft werden: • Die Dauer der Betriebszugehörigkeit, • Das Lebensalter, • Unterhaltspflichten, • Schwerbehinderung des Arbeitnehmers.

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