Drei Zeugen sind nicht genug! LAG erklärt Kündigung für unwirksam

Warum wurde die Kündigung einer Angestellten trotz Zeugenaussagen vom Gericht nicht anerkannt?

Die Richter der OLG Niedersachsen vermuteten aufgrund identisch klingender Aussagen eine vorherige Absprache der Zeugen mit dem Arbeitgeber und zweifelten daher den Wahrheitsgehalt der geschilderten Kündigungsübergabe an.

Liegt die Beweislast der Kündigungszustellung stets beim Arbeitgeber?

Sowohl eine persönlich ausgehändigte als auch eine per Post zugestellte Kündigung muss anhand von glaubwürdigen Zeugen oder des Auslieferungsbelegs bewiesen werden.

Ist die Kündigung in solchen Fällen ungültig?

Ja, wenn die Übergabe des Kündigungsschreibens nicht nachgewiesen werden kann, muss der Arbeitnehmer seinen Platz nicht räumen. Die Beweislast zugunsten des Betroffenen soll deren Recht sicherstellen, sich gegen die Kündigung fristgerecht wehren zu können.

Zeugenaussagen vor Gericht auf dem Prüfstand

Wie kann ein Arbeitgeber den Zugang eines Kündigungsschreibens zweifelsfrei beweisen? Sind Zeugen stets eine sichere Bank? Mitnichten! In einem aktuellen Fall entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen, dass sogar die Aussagen von drei Zeugen nicht genug Substanz hatten, um der Kündigung einer Mitarbeiterin Rechtskraft zu verleihen. Wie die Richter argumentierten, erfahren Sie hier.

Unwirksame Kündigung
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Zu Unrecht gefeuert?

Die Leiterin des Vertriebsinnendienstes eines Unternehmens aus der Papier- und Zellstoffindustrie ging gegen die Behauptung ihres Arbeitgebers vor Gericht, dass er ihr in Gegenwart von drei Zeugen ein Kündigungsschreiben überreicht hätte. Die vermeintliche Entlassung und damit einhergehende Einstellung der Gehaltszahlungen wollte die Bürokraft nicht auf sich sitzen lassen.

Mit Erfolg: Nachdem das Arbeitsgericht (ArbG) Hannover im Sinne der Klägerin entschied, schloss sich nach Berufung des Arbeitgebers auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen der Entscheidung an (Urteil vom 26.05.2025, Az. 4 SLa 442/24).

Aussagen wie auswendig gelernt

Als Begründung nannten die Richter, dass die vom Arbeitgeber angeführten Zeugen nicht glaubwürdig wären. Somit habe die Kündigung mangels nachgewiesenen Zugangs an die Adressatin keine Rechtswirkung. Laut Urteil müsse die richterliche Überzeugung mit den allgemeinen Denk-, Natur- und Erfahrungssätzen in Einklang stehen.

Darunter fallen auch Erkenntnisse der Aussagepsychologie, um zweifelsfrei festzustellen, ob Zeugenaussagen auf tatsächlich Erlebtem beruhen oder möglicherweise im Vorfeld abgesprochen worden sind. In dem vorliegenden Fall glichen sich die Schilderungen der Zeugen so sehr, dass das Gericht an deren Wahrheitsgehalt zweifelte.

Doch nicht nur das Fehlen individueller Wahrnehmungen machte die Richter stutzig. Auch in Bezug auf die Reaktion der angeblich gekündigten Mitarbeiterin wurden keine spezifischen Beobachtungen angeführt, was vor dem Hintergrund der psychisch belastenden Situation einer Kündigung ungewöhnlich wäre.

Beweislast liegt beim Arbeitgeber

Nach deutschem Recht muss eine Kündigung nachweisbar zugestellt worden sein, damit der betroffene Arbeitnehmer seine rechtlichen Möglichkeiten – wie das Einreichen einer Kündigungsschutzklage – wahrnehmen kann. Sofern der Arbeitnehmer den Empfang des Dokuments bestreitet, liegt die volle Darlegungs- und Beweislast beim Arbeitgeber. Kommt er dieser nicht nach, ist die Kündigung gegenstandslos.

Auch eine per Einschreiben oder Kurier verschickte Kündigung muss bewiesen werden. Laut eines im Januar 2025 gefällten Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bedarf es eines Auslieferungsbelegs für den Nachweis der Zustellung. Die Dokumentation der Sendungsverfolgung einer Postsendung reicht demnach nicht aus.

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Quelle: jura.cc

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